Travel
26. Januar 2024

Woche #6- Unbekanntes Finnland

Im schwedischen Umea angekommen, setzten wir per Autofähre über den Bottnischen Meerbusen ins gegenüberliegende finnische Vaasa über. Mit Live- Musik und Spieleparadies an Bord dieser gigantischen Luxus Fähre, pflügen wir in einer Seelenruhe durch die Wellen in Richtung finnischem Festland.

Da wir das Wohnmobil speziell für diese Reise gekauft haben, hatten wir keinerlei Camping Erfahrung mit einem Wohnmobil. Übung macht den Meister und schon bald gehörten die Wartungsarbeiten am Wohnmobil zur täglichen Routine.

Aus so engem Kontakt, kann eine Beziehung entstehen und so tauften wir unser neues, drei Tonnen schweres Familienmitglied auf den Namen Klaus, abgeleitet vom Namen des Herstellers Knaus. Der dicke Klaus mag zwar nicht mit dem Sexappeal eines Bullis mit Surfbrett auf dem Dach daherkommen, doch bei einer solchen Reise mit zwei Kindern, macht er einen großartigen Job.

Wir werden mutiger und so versuchen wir immer öfter frei in der Natur zu stehen. Campingplätze steuern wir nur noch alle paar Tage für einen „Full- Hook- Up“ an. Das bedeutet für uns eine echte Dusche haben, Wäsche waschen, alle Tanks auffüllen und Klaus` Windel, die Pipibox ausleeren.

Angekommen in Finnland war diese Prozedur mehr als überfällig. Glücklicherweise fanden wir einen Campingplatz mit einem Stellplatz direkt am Ufer und so konnten wir der Sonne aus dem Bett zusehen, wie sie hinter dem finnischen Meer verschwindet.

Am nächsten Tag ging es weiter in den Norden und unsere erste Station in Finnland war Seinäjoki. Eine Stadt mit 65.000 Einwohnern. Eine davon heißt Annu und ist eine Freundin von von Lisa. Zehn Jahre zuvor, studierte sie ein Semester in Rosenheim und dort kreuzten sich ihre beiden Lebenswege. Sie verbrachten eine sehr prägende Zeit miteinander, wurden Freunde und blieben über all die Jahre in Kontakt. Obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten, konnten sie nach einer intensiven Umarmung genau dort weitermachen, wo sie damals aufgehört haben. Das sind echte Freundschaften.

Sie und ihr Mann hießen uns in ihrem Haus willkommen und haben uns mit einem hervorragenden BBQ verwöhnt. Gegrillter Lachs auf der Zedernplanke nach Finnischer Art, garniert mit einem unverschämt teuren Bier. Um die “authentic Finland experience” perfekt zu machen, durften wir anschließend noch in den Genuss ihrer hauseigenen finnischen Sauna kommen.

Egal ob in den USA, Kanada oder auch hier oben im europäischen Norden. Was das Reisen für uns so wertvoll macht, ist das Eintauchen in die Welt und die Kultur der Menschen, die dort leben. Die unterschiedlichen Perspektiven auf das Leben, die Art wie sie arbeiten, ihr Leben leben und wie sie wohnen, erweitern immer wieder unseren Horizont und das führt dazu, eigenen Ansichten neu zu überdenken.

Das finnische Sprichwort: „Nothing sticks to your eyes“ trifft unserer Meinung zwar zu, da es außer Seen, Felder, Wald und Mücken nicht viel zu sehen gibt, doch das ist genau das, was hier oben so zu schätzen wissen. Diese unberührte Natur, die Weitläufigkeit, die Ruhe und die Einsamkeit tragen ihren Teil dazu bei, dass die Entspannung nach sechs Wochen immer tiefer liegende Regionen in uns erreicht.

Je näher wir dem Santa Claus Village in Rovaniemi in Lappland kamen, desto mehr Rentiere tauchen auf. Erst eines, dann zwei, dann hunderte. Sie sind hier oben überall und Angst vor Menschen scheinen sie nicht zu haben.

Ganze Herden blockieren die Straßen und von Autos lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen, denn sie wissen scheinbar, dass sie Vorfahrt haben.

Wenn nicht gerade Weihnachten ist, arbeitet Santa Claus das ganze Jahr über hier oben in seinem Büro, das sich direkt auf dem Polarkreis befindet. Die Kids waren begeistert und konnten ihre Bestellungen für das kommende Weihnachten persönlich übermitteln.

Obwohl es hier kaum mehr richtig dunkel wird, schlafen die Kinder mittlerweile sehr gut. Auch sie scheinen in ihrem neuen Leben auf Achse angekommen zu sein.

Aktuell sind wir seit 6 Wochen unterwegs und wir bemerken unabhängig voneinander, dass die Zeit gefühlt immer langsamer vergeht. Wir rechneten mit dem Gegenteil und versuchen uns das zu erklären. Ob Montag oder Freitag, das ist uns völlig egal. Fernab der Zivilisation, haben wir haben jegliches Zeitgefühl verloren. Wir fiebern keinem Tag mehr entgegen und üben uns bewusst darin nur den jetzigen Moment aufzusaugen. Vielleicht ist das der Grund.